ADRIAN VAN HOOYDONK: EMOTIONALES UND ATTRAKTIVES DESIGN KANN VERÄNDERUNGEN BESCHLEUNIGEN
Der Automobilsalon Genf öffnete im März 2018 seine Türen zum 88. Mal. Die Autos werden schneller, spritziger, schnittiger. Aber auch in der Automobilbranche gewinnt das Thema Nachhaltigkeit an Bedeutung und generiert eine neue Palette an Fahrzeugen, die Trends setzen. OPH AG sprach mit Adrian van Hooydonk, Chefdesigner der BMW Group, über nachhaltige Mobilität, Visionen und Status quo von selbstfahrenden und fliegenden Autos und wie diese das Bild unserer Städte der Zukunft prägen können.
WAS BEDEUTET NACHHALTIGE MOBILITÄT FÜR DIE BMW GROUP?
Nachhaltigkeit in der Mobilität ist ein sehr wichtiges Thema für uns. Wir sind einer der ersten Hersteller, die sich auf die Reise Elektromobilität begeben haben. Diese Reise hat für uns vor zehn Jahren begonnen. Letztes Jahr haben wir weltweit 100'000 elektrische Fahrzeuge verkauft, für dieses Jahr haben wir uns noch mehr vorgenommen. Der Trend beim Thema Mobilität im urbanen Umfeld geht eindeutig in Richtung Elektrofahrzeuge.
WAS MUSS MAN ALS DESIGNER TUN, DAMIT DIE VERBREITUNG DER ELEKTROMOBILITÄT ZUNIMMT?
Wir müssen dafür sorgen, dass diese neue Art von Mobilität sehr attraktiv und emotional wird. Wir haben angefangen, Autos wie den BMW i8, einen Sportwagen und ein Hybridauto, zu entwickeln. Der kommt bei unseren Kunden sehr gut an. Ich war beispielsweise bei unseren Kunden in Abu Dhabi, und obwohl das Land keinen Mangel an Erdöl hat, ist der i8 dort sehr populär. Das zeigt, dass man durch attraktives, emotionales Design gewisse Veränderungen beschleunigen kann.
WELCHES SIND IHRE ENTWICKLUNGSZIELE BEI ELEKTROAUTOS?
BMW steht ja für Bayrische Motorenwerke- BMW möchte selbst Elektromotoren bauen. Und wir arbeiten auch an Batteriezellen. Heute kaufen wir diese ein, forschen aber daran, diese selbst herzustellen und möchten genügend Know-how im Haus haben, um diese neuen Elemente des Antriebs zu beherrschen. Ausserdem arbeiten wir daran, dass die Autos intelligenter werden. Die höchste Form der Intelligenz wird dann sein, dass das Auto selbständig fahren kann.
Aber wir vertreten in unserer Firma auch seit jeher die Meinung, dass die cleverste Technologie nichts bedeutet, wenn das Produkt für den Kunden nicht attraktiv ist. Wir wollen Produkte gestalten, die Menschen emotional berühren, und die mehr sind als nur die Summe ihrer Funktionen. Die Technologie hat sich über die Jahre immer weiterentwickelt, in letzter Zeit rasant. Entscheidend ist, was man daraus macht, denn die Technologie wird irgendwann für viele Hersteller verfügbar sein. Entscheidend wird immer sein, welches Gesamterlebnis man dem Kunden bietet und wie dieses aussieht.
WIE MANIFESTIERT SICH DIE ELEKTROMOBILITÄT IN DEN STÄDTEN?
Wir wissen, dass einige Kunden Angst davor haben, dass sie mit dem Elektroauto liegen bleiben und nicht weit genug fahren könnten. Tankstellen für Benzin gibt es genug, Ladepunkte für Elektroautos noch nicht. Unsere Autos sind inzwischen so intelligent, dass sie alle Ladepunkte in der Stadt anzeigen. Für das Sicherheitsempfinden der Leute wäre es jedoch toll, wenn der Arbeitgeber, wo man das Auto den ganzen Tag abstellt, auch einen Ladepunkt anbieten würde. Das könnte ein Argument für einen bestimmten Arbeitgeber sein: «Komm zu uns- bei uns gibt’s Laden for free!»
Wenn Städte sauberere Luft wollen, wäre es hilfreich, wenn Städteplaner und Architekten mehr Ladepunkte einplanen würden. London und Amsterdam sind da sehr fortschrittlich- es gibt dort sogar teilweise für Elektroautos Kostenvorteile beim Parkieren. Wir haben mit anderen Automobilherstellern Kooperationen laufen, um die Ladeinfrastruktur in Deutschland auszubauen. BMW ist dabei, Parkmöglichkeiten zu schaffen; wir sind mittlerweile weltweit der grösste Parkplatzanbieter. Auch das gehört zum Thema Mobilität dazu.
Ein weiterer Punkt ist das Sharingkonzept DriveNow, das die BMW Group in vielen Städten mehrerer europäischer Länder bereits anbietet. In München beispielsweise läuft das sehr gut- dort haben wir zurzeit unsere Kundschaft mit der jüngsten Altersgruppe.
TRAGSCHRAUBER- WERDEN SIE EINZUG HALTEN IM STADTBILD?
Ich weiss es nicht, kann es mir aber durchaus vorstellen. Man sieht ja, was mit Drohnen heute schon alles möglich ist. Ich glaube aber, wie bei allen neuen Technologien, dass der Gesetzgeber erst Regeln definieren muss, um alles in geordnete Bahnen zu lenken. Ich kann mir das Konzept für Logistikunternehmen sehr gut vorstellen, und es gab auch schon erste Ansätze, Personentransporte so zu fliegen. Das geht allerdings erst dann im grösseren Massstab, wenn es in zwei Dimensionen keine Unfälle mehr mit autonomem Fahren gibt. Flugzeuge fliegen ja bereits autonom, das funktioniert.
ARBEITET DIE BMW GROUP AN DER ENTWICKLUNG VON AUTONOM FAHRENDEN AUTOS?
Das autonome Fahren ist für uns sehr wichtig, hieran forschen und entwickeln wir massiv. Wir glauben, dass unsere Techniker in fünf Jahren soweit sein werden, autonomes Fahren auch im urbanen Bereich anbieten zu können. Auf der Autobahn gelingt uns das jetzt bereits. In 5-10 Jahren wird es normal sein, dass unsere Autos autonom fahren können. Das bedeutet auch, dass wir uns mit dem Design dieser Autos sehr intensiv beschäftigen. Das Lenkrad möchten wir jedoch nicht los werden. Unsere Kunden lieben das Autofahren und sollen die Wahl haben, ob sie lenken oder gefahren werden möchten: auf Knopfdruck übernimmt dann das Auto. Bei einer Fahrt von sechs Stunden, kann ich mir vorstellen, dass das Auto davon beispielsweise zwei Stunden selbst fährt.
WORAUF FREUEN SIE SICH IN DER ZUKUNFT BESONDERS?
Ich freue mich auf alle Dinge, die da kommen. Als Architekten und Automobildesigner können wir einen grossen Teil unserer Umwelt beeinflussen. Wir leben jetzt in einer Zeit, wo die Technologie alles verändert und sehr schnell. Ich glaube auch, dass die Konsumenten erwarten, dass die Produkte sich schneller verändern. Und das ist für einen Designer immer eine sehr schöne und spannende Zeit. Wenn die Technologie lange Zeit stabil bleibt, dann ändert sich das Design weniger. Wenn die Technologie sich verändert, dann kommt es darauf an, was man daraus macht; dann entsteht eine Vielfalt an unterschiedlichen Lösungen.
Ich glaube, dass die nächsten fünf Jahre die Interessantesten meiner Karriere werden. Ich arbeite schon seit einigen Jahren in dieser Industrie, aber es war noch nie so spannend wie jetzt.
ADRIAN VAN HOOYDONK
Adrian van Hooydonk steht seit Februar 2009 an der Spitze aller Designteams der BMW Group. Er verantwortet damit die Gestaltgebung einer Vielzahl von Fahrzeugen, Motorrädern und anderen Designobjekten pro Jahr. Der Niederländer gilt als interdisziplinär denkender Visionär mit ausgeprägtem Sinn fürs Business. Souverän und stilsicher ist sein Auftritt, offen seine Grundhaltung. Adrian van Hooydonk hat sich als Designmanager in der Industrie einen Namen gemacht, seine Visionen gelten als wegweisend. (Auszug aus der Website der BMW Group)