"Hybride Nutzungskonzepte braucht die Innenstadt."

 

 

(Milan Prenosil) 

 

 

 

Kurzinterview mit Milan Prenosil, Verwaltungsratspräsident und Mitinhaber der Confiserie Sprüngli und Präsident der City Vereinigung Zürich.  

 

 

Herr Prenosil, in der Innenstadt lassen sich derzeit grössere Veränderungen beobachten: Traditionshäuser wie Franz Carl Weber und Manor werden aus ihren angestammten Räumlichkeiten verdrängt, ein Discounter zieht in die Fraumünsterpost ein, Pop Up-Stores spriessen aus dem Boden.  

 

 

 

Was hat zu diesen Entwicklungen geführt?

 

Seit Januar 2015 hat sich die Welt durch die Aufhebung des Euromindestkurses einschneidend verändert. Der Wandel durch die Digitalisierung und die Übersättigung des Markts war nur langsam fortgeschritten. Durch die Aufhebung des Kurses jedoch sind die Dämme gebrochen. Uns fehlen, je nach Schätzung, 10-12 Milliarden Schweizer Franken. Das ist für den Schweizer Markt sehr viel Geld und entspricht rund 10% des Gesamtumsatzes von zur Zeit rund 95 Milliarden Schweizer Franken.

 

Dadurch fehlen Einkaufsfrequenzen in den Schweizer Städten. Die Passanten kommen, kaufen aber nicht genug. Sie flanieren und konsumieren - der Gastronomie geht es relativ gut - sie schauen, vergleichen und bestellen dann oftmals online. Ich nenne das ein hybrides Einkaufsverhalten.  

In diesem Umfeld ist der Druck auf die Immobilien an den Zentrumslagen gestiegen.  

 

 

Wo sehen Sie Chancen für Immobiliennutzungen in diesem Umfeld?

 

Entwickler und Investoren sollten sich überlegen, welche Angebote im lokalen und globalen Markt eine wirklich sinnvolle Ergänzung darstellen. Dafür sollten sie sich auch im Ausland umschauen: Welche Angebote gibt es im internationalen Markt, die wir noch nicht haben, und die die Wertschöpfung und Attraktivität des Standorts Zürich steigern?  

 

Man muss sich mit den Businesskonzepten der erfolgreichen Unternehmen auseinandersetzen, wie beispielsweise der Make-up-Marke Sephora: Wie funktioniert dieses Unternehmen, was steht dahinter?

Und anschliessend muss man sich die Frage stellen: Wie lassen sich diese Businesspläne intelligent in räumliche Nutzungen umsetzen?

 

 

Was müssen die Immobilien von morgen leisten können?

 

Das Einkaufsverhalten verändert sich und keiner weiss, wohin die Reise geht. Daher muss man Annahmen treffen und die Immobilien so flexibel wie möglich konzipieren. Wände müssen verschoben und Decken durchbrochen werden können, um Räume flexibel nach den sich verändernden Bedürfnissen der Nutzer zu gestalten. Dabei sind die Erdgeschoss-Nutzungen ausserordentlich wichtig, aber es geht auch immer um das ganze Gebäude und um die Positionierung des Objekts.  

 

Die Flächen werden schrumpfen müssen, um sich dem übersättigten Markt anzupassen. Und ich glaube an gemischte und hybride Konzepte: Wir brauchen Showrooms aber auch stationären Handel; die Kunden bestellen online und gehen zum Anprobieren in die Geschäfte. Und das Ganze sollte gut durchmischt sein mit Gastronomie.  

 

 

Welche Rolle kann die Politik in dieser Entwicklung übernehmen?

 

Die notwendige Beweglichkeit gilt für alle, auch für die Politik.  

Die Politik ist zu langsam und sollte flexibler und mutiger werden.  

Wir sollten nicht vorgeschrieben bekommen, was im Erdgeschoss geschehen soll. Bewilligungspflichten, Denkmalschutz, Parkplatzproblematik- bei diesen Themen sollte die Politik erleichtern und unterstützen. Das Ziel sollte ein lösungsorientierter Dialog und kein Diktat sein.