Jeder Projektleiter ein BIM-Koordinator
Die Einführung von BIM im Planungs- und Bauprozess verlangt nach Spezialisten, die die dreidimensionalen BIM-Modelle aufbauen, bearbeiten und koordinieren können: der BIM-Koordinator ist geboren! Doch aus welcher Spezies entwickelt er sich, und welches Wissen und welche Stärken braucht er? In einem Interview verrät uns BIM-Koordinator und Geschäftsinhaber Pascal Scheidegger von konzeptS aus Winterthur, wie er den Job des BIM-Koordinators sieht, und weshalb in Bezug auf Nachhaltigkeit kein Weg daran vorbei führt.
Vodicka: Wie sind Sie zu BIM gekommen?
Scheidegger: In unserem Büro sind alle Projektleiter auch BIM-Koordinatoren. Unser Ziel ist es, nachhaltige Architektur zu fördern; das heisst Architektur im Schnittpunkt zwischen Ökologie, Ökonomie und Soziologie über den Lebenszyklus des Gebäudes. Um die Nachhaltigkeit nachzuweisen, müssen wir viele Ausmasse vornehmen. Dies war der Grund, warum wir ziemlich bald damit begonnen haben, dreidimensional zu zeichnen. So müssen wir nicht immer wieder alles neu auswerten, um das Gebäude zu optimieren. Daraufhin wurde uns bewusst, dass wir alles ganz präzise in 3D haben, den Fachplanern aber nur 2D Pläne weitergeben. Das war der Anlass, dass wir vor rund eineinhalb Jahren begonnen haben, uns intensiv mit dem Thema BIM auseinanderzusetzen. Unser Planungsprogramm Archicad unterstützt die BIM-Planung gut, ist sehr weit entwickelt und hat ein angenehmes Handling. Dies hat uns ebenfalls zur BIM-Planung bewogen. Seit einem Jahr arbeiten wir zusammen mit unseren Fachplanern im BIM-Prozess und bearbeiten zur Zeit drei BIG-BIM-Projekte.
Vodicka: Was tut ein BIM-Koordinator?
Scheidegger: Der BIM-Koordinator koordiniert die einzelnen Modelle der Fachplaner. Er erhält am Tag vor der ICE-Session (Koordinationssitzung) die BIM-Modelle aller Fachplaner und nimmt zuerst einmal eine optische Prüfung vor. Er kann verschiedene Geschosse und verschiedene Disziplinen ein- und ausblenden und so manuell das Modell nach Unstimmigkeiten absuchen. Die Unstimmigkeiten können in Form eines Bildes dokumentiert und den zuständigen Fachplanern zugestellt werden. Im zweiten Schritt macht er eine automatisierte Prüfung nach vordefinierten Regeln. Dafür werden zuvor Regeln im Programm Solibri Modellchecker festgelegt, zum Beispiel: Führt eine Leitung durch eine Sperrzone, die sie nicht durchdringen darf? Oder genügt die Betonüberdeckung über und unter der Leitung?
An unseren ICE-Sessions brauchen wir einen Laptop und einen grossen Bildschirm. Auf gedruckte Pläne verzichten wir an den Sitzungen konsequent.
Vodicka: Welche Stärken bringt ein BIM-Koordinator idealerweise mit?
Scheidegger: Ein BIM-Koordinator muss ganzheitlich und analytisch denken. Er braucht Fachkenntnisse von Architektur und den Planungsprozessen. Er muss die Programme Solibri und BIMCollab beherrschen, um die Regeln an die einzelnen Bauprojekte anpassen zu können.
Kommunikationsfähigkeit ist auch sehr wichtig. Er muss die Leute dazu bringen, ihm rechtzeitig die Modelle zu liefern, und er sollte protokollieren können.
Vodicka: Ist BIM-Koordinator der Job der Zukunft in der Schweizer Bauwirtschaft?
Scheidegger: Bei Grossprojekten wird es BIM-Koordinatoren geben, die nichts anderes tun, bei Kleinprojekten hingegen nicht. Ich sehe BIM-Koordinator nicht als eigenständigen Job, sondern als eine weitere Rolle, die ein Architekt, Zeichner oder Projektleiter ausübt. Je besser er das Tool nutzen kann, desto effizienter funktioniert es. Es wird sich ähnlich entwickeln, wie beim CAD-Zeichner: Früher hatte jedes Büro nur Einen, heute kann jeder Mitarbeiter im Büro CAD zeichnen. Ich denke, es wird dahin gehen, dass BIM zu den gängigen Werkzeugen im Planungsbüro gehört und es jeder beherrschen wird.