Gärten stapeln mit BIM 

 

Die hängenden Gärten der Semiramis kommen dem in den Sinn, der die Visualisierungen des Projekts Aglaya in Rotkreuz betrachtet. Hier planen Ramser Schmid Architekten für Zug Estates das erste Gartenhochhaus der Schweiz. Die Vision des Bauherrn ist es, die grüne Dichte, welche sich durch das gesamte Suurstoffi-Areal zieht, in der Vertikalen fortzuführen. 

 

Jede Wohnung erhält einen zweigeschossigen Balkon, welcher in Trögen grosszügig bepflanzt wird. Siebzig verschiedene Bäume, Sträucher und Blumen sollen das Gefühl eines eigenen Gartens mit Aussicht vermitteln. Die zweigeschossigen Balkone wechseln geschickt die Seite von Stockwerk zu Stockwerk und prägen somit das Fassadenbild des Turms. 

 

Die aneinandergebauten Zwillingstürme beherbergen in jedem Wohngeschoss sechs Wohnungen, wovon etwa die Hälfte eine Flexibilität in der Raumeinteilung zulässt: Küche, Ess- und ein Schlafzimmer können je nach Käuferwunsch geschlossen oder offen ausgestaltet werden. Dies ermöglichen drei verschiedene Grundrisstypen mit weiteren Untervarianten. 

Die Erschliessung des Hochhauses in der Höhe wird üblicherweise im Kern des Volumens angesiedelt, um keine kostbare Fassadenfläche zu verlieren. Im Gegensatz dazu möchte Bauherr auch in diesen Bereich Tageslicht herein zu bringen: Im Treppenhaus und in der Vorzone zum Lift wird das zweigeschossige Gartenthema wieder aufgegriffen, und ermöglicht hier die natürliche Belichtung von zwei Seiten, im Wechsel von Geschoss zu Geschoss. 

 

3D modellieren ist eine gute Sache

Um die Gebäudetechnik in Planung und Betrieb optimieren zu können, wurde nach dem Wettbewerb auf Wunsch des Bauherrn BIM eingeführt. Die Architekten waren erst skeptisch: Für sie bedeutete dies erst einmal, die BIM-Produkte der verschiedenen Anbieter zu evaluieren, sich für eines zu entscheiden und einzukaufen. Als nächstes galt es, die Mitarbeiter darin zu schulen. 

 

„Unsere Haltung war: Wir machen mit! Wir lernen es kennen, denn wir glauben, dass BIM sowieso kommt. Lieber früher einsteigen als später!“. Um für BIM ideal 3D modellieren zu können, hat die Firma Ihr CAD-Programm auf Archicad umgestellt. Alle Projekte werden neu fortan 3D gezeichnet. Die Mitarbeiter arbeiten und denken ganzheitlicher, wenn sie in 3D arbeiten. „Wir finden 3D modellieren eine gute Sache. BIM hat uns dazu gebracht.“ 

 

Phasenverschiebung und Detaillierungsgrad

Die Fachplaner hatten zum grossen Teil bereits mit BIM gearbeitet, und waren schnell im Boot. Sie profitieren von den Vorteilen der Methode: Massenauszüge können einfacher als in der konventionellen Planung erstellt werden. 

Die Architekten verwenden das BIM-Modell in erster Linie dazu, Pläne im Massstab 1:50 zu generieren. Der dazu notwendige, verhältnismässig geringe Detaillierungsgrad genügt allerdings nicht für jeden Nutzen, den sich Mitplaner und Bauherrschaft von BIM versprechen. Dafür ist in den Augen der Architekten ein gewisser Mehraufwand nötig. 

 

Auch die Phasenverschiebung in der Planung bringt eine Umstellung mit sich: Bei BIM müssen zu einem früheren Zeitpunkt Entscheidungen getroffen werden, welche ohne BIM erst später erforderlich sind. 

 

Die Einführung von BIM hat im Projekt Aglaya drei neue BIM-bezogene Instanzen geschaffen: Der Leiter Fachkoordination ist BIM-Koordinator und bereitet die Koordinationssitzungen anhand des 3D BIM-Modells vor. 

Die Planer und der Baumanager beauftragten einen externen BIM-Berater, welcher ihnen BIM-technische Fragen beantworten kann, wie beispielsweise: Wie modelliere ich dieses Projekt intelligent? Hierfür sollten klare Ziele individuell für jedes Projekt definiert werden. 

Dem Bauherrn steht ebenfalls ein BIM-Experte zur Verfügung, der ihn in der Nutzung des Modells unterstützt. 

 

Architektur und BIM auf dem Weg in die Zukunft

„Architektur muss unglaublich viele Rahmenbedingungen lösen. Es gibt immer einen bunten Strauss von Anforderungen, die auf unterschiedlichsten Ebenen erfüllt werden müssen.“ Schmid zitiert das Bild der eierlegenden Wollmilchsau, die alles kann: günstig, hochwertig, schnell, flexibel, städtebaulich intelligent, nachhaltig, ökologisch, brandsicher, lärmfrei und vieles mehr. Die Anforderungen an Gebäude und somit an die Architekten nehmen zu. Deshalb ist der Weg zu guter Architektur ein iterativer Prozess. Zu Beginn des Projektes konzentriert man sich nicht auf zwanzig Faktoren, sondern nur auf drei. Erst wenn alle Faktoren geprüft sind, zeigt sich, ob der Entwurfsansatz funktioniert. Wenn nicht, ist man wieder auf Feld eins. 

 

Wie kann ein standardisiertes Verfahren all diese Anforderungen bewältigen? Die Antwort liegt nicht auf der Hand. Aber die Erfahrung zeigt, dass neue Technik Übung benötigt, die Routine bringt und letztlich Prozesse vereinfacht. Vielleicht sollte die Frage eher lauten: Wie können wir alle diese Anforderungen ohne BIM bewältigen? 

Auch dem CAD-Zeichnen wurde zu Anfang mit Misstrauen begegnet- heutzutage ist es nicht mehr aus dem Alltag der Architekten wegzudenken. „Am Ende wird wahrscheinlich niemand das BIM mehr missen wollen. Wir sind in einer spannenden Umbruchszeit!“ 

 

Das Interview führte Britta Vodicka mit Raphael Schmid von Ramser Schmid Architekten